5. Das Bedürfnis nach Grenzen und Strukturen
Damit Kinder Freiräume erobern und sich gefahrlos entwickeln können, brauchen sie sinnvolle Begrenzungen und Regeln. Wohlwollende erzieherische Grenzsetzung fordert die Kinder auf liebevolle Weise und fördert beim Kind die Entwicklung innerer Strukturen. Grenzen müssen auf Zuwendung und Fürsorge, nicht auf Angst und Strafe aufbauen. Denn mit dem Wunsch des Kindes, den Menschen, die es liebt, Freude zu bereiten, gelingt ihm Schritt für Schritt die Verinnerlichung von Grenzen, die es als notwendig zu akzeptieren lernt.
Schläge und andere Formen von Gewalt oder Erniedrigung sind als Formen der Grenzsetzung nicht akzeptabel und gesetzlich verboten. Kinder zu erziehen bedeutet nicht, sie für ihr Fehlverhalten zu bestrafen, sondern ihnen die Anerkennung von Regeln und Grenzen zu erleichtern.
Kinder leiden auch, wenn die Grenzsetzung unzureichend ist. Bei dem Kind entstehen dadurch unrealistische Erwartungen, die schließlich über das Scheitern an der Wirklichkeit zu Frustration, Enttäuschung und Selbstabwertung führen. Die liebevolle Grenzsetzung bietet nach außen hin Schutz und Geborgenheit, weil das Kind Halt und Sicherung erlebt. Die Grenze bietet auch Hindernis und Widerstand und kann zur Herausforderung werden.
Mit liebevollen Bezugspersonen wird um die Grenzen gerungen. Argumentieren und Durchsetzen werden geübt. Schritt für Schritt gelingt es dem Kind, sich gegenüber den Eltern Spielräume und Grenzverschiebungen zu erarbeiten. Der durch Grenzen abgesteckte Erfahrungsraum wird überblickbar, bietet Anregung und lässt der Neugier gefahrlos freien Lauf.
6. Das Bedürfnis nach stabilen und unterstützenden Gemeinschaften
Mit zunehmendem Alter gewinnt die Gruppe der Gleichaltrigen immer mehr die dominierende Bedeutung für Persönlichkeitsentwicklung und Selbstwert der Kinder und Jugendlichen. Die Entwicklung von Freundschaften ist eine wichtige Basis für das soziale Lernen. Soziale Kontakte, Einladungen zu anderen Kindern, Übernachtungen außerhalb des Elternhauses stellen wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung sozialer Fertigkeiten dar.
Kinder und Jugendliche lernen, sich selbst besser einzuschätzen und zu behaupten, Kompromisse einzugehen, auf andere Rücksicht zu nehmen und Freundschaft und Partnerschaft zu leben. Dies alles trägt zur Entwicklung sozialer Verantwortlichkeit bei, die wiederum die Voraussetzung für eigene spätere Elternschaft darstellt.
7. Das Bedürfnis nach einer sicheren Zukunft für die Menschheit
Das siebte Grundbedürfnis von Kindern betrifft die Zukunftssicherung. Immer mehr hängt das Wohl jedes einzelnen Kindes mit dem Wohl aller Kinder dieser Welt zusammen. Die Erwachsenen gestalten die Rahmenbedingungen für die nächste Generation. Weltweite Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft tragen hier eine bisher nicht eingelöste Verantwortung.
Ob Kinder und Jugendliche diese Welt als beeinflussbares Ordnungsgefüge oder unheimliches Chaos erleben, hängt von ihrer Persönlichkeit ab, welche die Eltern und alle anderen Erwachsenen mit gestaltet haben.
Literaturhinweis:
Brazelton, T. B./Greenspan, S. I. (2002): Die sieben Grundbedürfnisse von Kindern. Was jedes Kind braucht, um gesund aufzuwachsen, gut zu lernen und glücklich zu sein. BELTZ Verlag, Weinheim und Basel
Resch, F./Lehmkuhl, U. (2008): Zur Entwicklung der kindlichen Persönlichkeit: Grundbedürfnisse und Forderungen an die soziale Umwelt In: Frühe Kindheit. Die ersten sechs Jahre. 2/08
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